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Transparenzregister - „Ein Geschenk für Putins Freunde"

Meinung von Prof. Dr. Klaus Bernsmann


(Textauszug)

... Klaus Bernsmann, Professor für Strafrecht an der Ruhr-Universität Bochum, hingegen meint, die Entscheidung sei „im Hinblick auf den Schutz der bürgerlichen Freiheitsrechte und des Rechts auf Eigentum zu begrüßen". Der Gerichtshof habe klargemacht: „Die allgemeine Öffentlichkeit hat kein Recht, Informationen über wirtschaftlich Berechtigte eines Unternehmens zu bekommen." ...

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Handelsblatt 12/2022

Transparenzregister - „Ein Geschenk für Putins Freunde"

Die EU muss ihre Geldwäsche-Richtlinie überarbeiten. Der Kampf gegen Korruption wird so erschwert.

Im Kampf gegen Geldwäsche und Korruption gelten sie als unverzichtbar: Transparenzregister geben in jedem europäischen Land Auskunft darüber, wem eine Firma gehört Sie helfen Ermittlungsbehörden, Journalisten und Nichtregierungsorganisationen, Firmengeflechte und wirtschaftliche Interessen von Einzelpersonen aufzudecken.

Auch bei der Suche nach den Vermögen sanktionierter russischer Oligarchen in Europa spielen sie eine wichtige Rolle. Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vor zwei Wochen sind diese Datenbanken jedoch nicht mehr überall zugänglich. Die Luxemburger Richter hatten die EU-Geldwäscherichtlinie, die die Register vorschreibt, für teilweise rechtswidrig erklärt. Damit gaben sie einem betroffenen Luxemburger Unternehmer recht, der seine Sicherheit durch die öffentlich verfügbaren Informationen über sich gefährdet sah.

Die Entscheidung wirkt aus der Zeit gefallen. Während Steueroasen weltweit sich zu mehr Transparenz gezwungen sehen, scheint die EU einen Schritt in die entgegengesetzte Richtung zu gehen. Mehrere europäische Regierungen haben in den vergangenen Tagen bereits ihre Transparenzregister für öffentliche Abfragen geschlossen, darunter die Niederlande, Luxemburg, Irland, Malta und Österreich. Auch das deutsche Transparenzregister ist nicht mehr einsehbar.

„Schockierend dumm"

Auf der Webseite wird mitgeteilt, die Stattgabe von Anträgen aus der Öffentlichkeit sei bis auf Weiteres ausgesetzt. „Eine Übermittlung der Daten zu wirtschaftlich Berechtigten erfolgt gegenüber Mitgliedern der Öffentlichkeit seit dem Mittag des 22. November 2022 derzeit nicht", steht dort.

Korruptionsjäger schlagen Alarm. Die richterliche Entscheidung sei „schockierend dumm", schrieb Marina Pevchick von der Anti-Korruptions-Stiftung des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny auf Twitter. Sie führte mehrere Beispiele an, wie die Datenbanken den Aktivisten helfen, die Vermögen des Kremlklüngels aufzudecken. Das Urteil sei „das größte Geschenk, von dem Putins Freunde träumen können".

Roland Papp von der Nichtregierungsorganisation Transparency International verweist darauf, dass der öffentliche Zugang bisher auch von ausländischen Ermittlungsbehörden genutzt wurde. Denn die Internetabfrage ist in der Regel schneller als der Austausch zwischen Behörden, die untereinander nicht vernetzt sind.

Das Urteil schränke daher nicht nur Journalisten und Aktivisten ein, sondern auch die Polizei, sagt Papp. Jetzt werde es komplizierter und langwieriger, an die Daten zu kommen. Unter Strafrechtlern ist das Urteil unistritten- Matthias Jahn, Strafrechtsprofessor an der Universität Frankfurt, sagt, wenn man dem Transparenzregister eine präventive Funktion zumesse, sei die Entscheidung der Luxemburger Richter „sicher nicht hilfreich". Klaus Bernsmann, Professor für Strafrecht an der Ruhr-Universität Bochum, hingegen meint, die Entscheidung sei „im Hinblick auf den Schutz der bürgerlichen Freiheitsrechte und des Rechts auf Eigentum zu begrüßen". Der Gerichtshof habe klargemacht: „Die allgemeine Öffentlichkeit hat kein Recht, Informationen über wirtschaftlich Berechtigte eines Unternehmens zu bekommen."

Staatsanwaltschaften könnten sich diese Informationen jedoch weiterhin beschaffen, wenn sie einen begründeten Anfangsverdacht dir eine Straftat haben, sagt der Strafrechtler. Auch Durchsuchungen seien möglich, sofern ein Gericht dar grünes Licht gibt. „Damit hat die Justiz ausreichende Möglichkeiten, gegenverdächtige russische Oligarchen vorzugehen", meint Bernsmann. Die Brüsseler Institutionen wurden von dem Urteil überrascht, schließlich hatten die Juristen der Kommission die Geldwäsche-Richtlinie abgesegnet. EU-Kommission und Europaparlament müssen nun das Gesetz anpassen. Das Gute sei, dass man ohnehin gerade die Geldwäsche-Richtlinie überarbeite und die Gelegenheit habe, das Urteil zu berücksichtigen, sagt die Europaabgeordnete Eva-Maria Poptcheva aus der liberalen Renew-Fraktion.

"Der EuGH hat in dem Urteil den Medien ein berechtigtes Interesse an den Daten bescheinigt.
E.-M. Poptcheva Europaabgeordnete

Die Reform wird allerdings frühestens im Sommer 2023 abgeschlossen und erst 2024 in Kraft treten. Bis dahin ist es den Mitgliedstaaten überlassen, wie sie das Urteil der Luxemburger Richter interpretieren — und wie viel Zugang sie zu ihren Registern gewähren. Poptcheva betont, dass der EuGH in dem Urteil den Medien und den Nichtregierungsorganisationen ein berechtigtes Interesse an den Daten bescheinigt habe. Viele Korruptionsskandale würden durch diese beiden Berufsgruppen aufgedeckt, sagt sie. Deshalb sei es entscheidend, ihren Zugang sicherzustellen. Experten sehen dennoch einen nachhaltigen Schaden. „Es ist ein großer Unterschied, ob ein Transparenzregister ganz öffentlich ist oder nur Personen mit einem berechtigten Interesse Zugang erlaubt", sagt Sebastian Mack vom Jacques Delors Centre in Berlin.

Carsten Volkery, Volker Votsmeler Brüssel, Düsseldorf

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